Bericht „Passauer Neue Presse“ v. 9.10.2021 von Sybille Neumeier:

Klimawandel ist real: „Wir müssen handeln – jetzt!“

Prof. Dr. Harald Leschs Appell in Hauzenberg vor 240 Schul-Vertretern aus Stadt und Landkreis – Schulen als Transformatoren

Hauzenberg. Der Klimawandel ist real. Wir sind die Ursache. Es ist gefährlich. Die Fachleute sind sich einig – doch wir können noch was tun: So hat Prof. Dr. Harald Lesch vor rund 240 Schulleitern und Umweltbeauftragten aus Stadt und Landkreis Passau die Situation aus seiner Sicht auf den Punkt gebracht. Engagement für Nachhaltigkeit beginnt in den Schulen, deshalb hatte Schulamtsdirektor Werner Grabl den prominenten Mitstreiter für mehr Klimaschutz nach Hauzenberg in die Adalbert-Stifter-Halle geholt. Und der Andrang war groß: Über 200 Teilnehmer warteten gespannt, was der Astrophysiker, bekannt auch aus diversen TV-Formaten, zu Bildung und Nachhaltigkeit zu sagen hatte. Ihm machte es sichtlich Spaß, über seine Arbeit zu sprechen – „und zwar auf Deutsch und ohne Fachausdrücke“.

Wahre „Koryphäen“ seien heute mit Harald Lesch und dessen Ehefrau Dr. Cecilia Scorza laut „Hausherrin“ und Bürgermeisterin Gudrun Donaubauer nach Hauzenberg gekommen. Bewusstsein zu schaffen für den dringend nötigen Wandel sei die Grundlage, die Anwesenden seien Garanten und Transformatoren dafür. Die Frage müsse lauten: „Brauche ich alles, was ich habe?“ statt „Habe ich alles, was ich brauche?“ Sie dankte Werner Grabl für dessen unermüdliches Engagement für das Thema und wünschte „allergrößten Erfolg in diesem Bemühen“.

Dieser sah in dem großen Zulauf an der Veranstaltung auch „Bestärkung und Bekräftigung der Arbeit, die wir hier seit zwei Jahren machen“. Nachhaltigkeit als Unterrichtsprinzip an allen Schulen in Stadt und Landkreis zu verankern ist das Ziel. Als Leuchtturmprojekt kürzlich auch von Kultus-Staatssekretärin Anna Stolz gelobt, „ist das eigentlich etwas, was alle machen sollen“, betonte der Schulamtsdirektor. Die Zeichen der Natur stünden auf Warnung, diese sei kein Verhandlungspartner. „Wenn nicht jetzt, wann dann“, mahnte er.

Für das Herzensprojekt Grabls werden immer mehr Mitstreiter ins Boot geholt. Das Netzwerk „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) besteht mittlerweile aus über 70 Mitgliedern, darunter Lehrkräfte, Universitätsvertreter, Fridays for Future, Umweltstationen, Verbände – und Prof. Dr. Harald Lesch. Diesen habe er im Mai kennengelernt und kurzerhand nach Passau eingeladen. Von Lesch gab es einen „Daumen hoch“ sowie die Zusage, umsonst zu referieren, ebenso wie Cecilia Scorza, die für das Bildungsprogramm „Klimawandel: Verstehen und Handeln“ eindringlich warb. (Deutliche Worte fand dann Prof. Dr. Harald Lesch in seinem rund einstündigen Vortrag: „Die größten Rindviecher haben das meiste Geld und fliegen ins All“, zeigte er eindringlich den „Irrsinn unseres Wirtschaftssystems“ auf. Ein Tempolimit wäre in seinen Augen die einfachste Maßnahme, die C02-Emissionen zu reduzieren. „Ein Test für die neue Regierung“, wie er fand. Als Professor für Astrophysik werfe er stets einen Blick von oben auf die Erde – „der große Unterschied unserer Generation“, die Zugriff auf alle Daten habe, dennoch tatenlos bleibe. „Wir haben uns einlullen lassen“, fand er, als vor 40 Jahren von Konzernen und Lobbyisten erzählt worden sei, es gebe keinen Klimawandel. Er prangerte das „völlig irrationale Verhältnis zum Bergbau“ ebenso an wie er am Beispiel Grönlands aufzeigte, dass „das an Dramatik nicht mehr zu überbieten“ sei, wenn der Meeresspiegel beim Abschmelzen der Gletscher um sieben Meter steige. „Eigentlich eine Katastrophennachricht“, die aber keinen Eingang dahin finde. „Alles, was wir als Kinder gelernt haben, stimmt nicht mehr“, so Lesch. Der Gesundheitsstatus der Erde mit Klimawandel, Versauerung der Erde, Ozonloch, Ressourcenmangel, Umweltverschmutzung auf allen Skalen und Aussterben vieler Spezies – und das alles zur gleichen Zeit – erfordere dringendes Handeln. „Das klappt nicht von alleine.“ Irgendjemand müsse die Windräder und PV-AnIagen bauen, Batterien und Systeme entwickeln, und das gehe nicht digital. „Schule ist der Raum, wo man richtig viel tun kann“, zeigte sich der Wissenschaftler überzeugt. „Schauen Sie mich an, ohne meine Lehrer wäre nichts aus mir geworden“, sorgte er für Schmunzeln im Publikum.  Schule könne Transformatorenraum sein. „Wir müssen junge Leute ins Handwerk und in technische Berufe holen“. Nicht die digitale, sondern die analoge Welt spiele in der Schule die entscheidende Rolle. Und die Wirklichkeit halte sich nicht an Fächer, warb er für übergreifendes Engagement an allen Bildungseinrichtungen. In der Schule brauche es Ethik, Sozialwissenschaften, Theater AG – „all das steckt hinter Klimaschutz“. Aber nicht nur technologisch müsse man jetzt etwas tun, sondern in unserem Verhalten müsse sich etwas ändern. Sparen, verzichten – „das wird eine ideologische Wende. Wir werden ein ganz anderes Land sein müssen“. Es werden überall Windräder stehen, auf jedem Dach PV-Anlagen sein. Anhand von Grafiken zeigte er auf, dass der Energieverbrauch seit über 30 Jahren gleichgeblieben ist. „Worüber jetzt gestritten wird, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir sind energetisch überfettet, haben Adipositas. „Der Klimawandel sei die große Herausforderung, unser Leben zu überdenken. Der einzige Weg laut Lesch: Erneuerbare Energien, alles andere ist sei ein „No go“.